Projekt

1998, an einem Abend – es war kurz vor  Ladenschluss – musste Hélène Vuille  mitansehen, wie in einer Gourmessa der Migros sämtliche noch essbaren Tagesfrischprodukte (Brote, Wähen, Feingebäcke, Snacks, Sandwiches, Canapés, Salate, Früchte und Torten) in einer Tonne entsorgt wurden. Sie suchte den Gourmessachef auf und brachte ihn dazu, ihr diese Tagesfrischprodukte ab dem kommenden Tag auszuhändigen, um sie obdachlosen Menschen zur Verfügung zu stellen.


Die Geschichte begann mit einem Caritas-Hospiz – ein Zufluchtsort für 33 Männer. Hélène Vuille brachte seit diesem Tag zuerst 3x- im Anschluss 2x pro Woche Tagesfrischprodukte in dieses Hospiz. Während diese Tagesfrischprodukte und die damit einhergehenden Kuchenauszeiten für viele Heimbewohner schon bald nicht mehr wegzudenken waren, begann ein ungleicher Kampf mit dem Grossisten Migros. 

Während die Migros diese Tagesfrischprodukte bereits wieder verwehren wollte, versuchte Hélèn Vuille die Verteilung auf mehrere Heime und weitere Migrosfilialen auszuweiten. Lange ohne Erfolg. 

2012 schrieb Hélène Vuille das Buch ‹Im Himmel gestrandet – Menschen auf der Rückseite des Lebens› und gab damit den 33 Männern des Hospiz zum ersten Mal eine Stimme – ein Gesicht. 33 Männer, die sonst von der Öffentlichkeit nur mit Verachtung – oder noch schlimmer – mit Nichtbeachtung bestraft wurden, durften ihre berührenden Geschichten erzählen.  

Mit dem Erscheinen dieses Buches und dem damit einhergehenden Druck der Öffentlichkeit bekam Hélène Vuille’s Projekt bei der Migros einen anderen Stellenwert. So erklärte sich die Migros im Sommer 2013 bereit, mit Hélène Vuille und der Caritas einen Vertrag zu unterzeichnen, der die Verteilung von Tagesfrischprodukten an bedürftige Menschen in jeder Migrosfiliale der Migrosgenossenschaft Zürich erlaubt. 

Heute werden in der Stadt Zürich zahlreiche Obdachlosenheime und Lebensmittelabgabestellen mit Tagesfrischprodukten beliefert.
Verschiedene Gemeinden im Kanton Zürich verteilen an mehreren Abenden der Woche Tagesfrischprodukte an bedürftige Menschen – in Räumen, welche die Kirche oder die Gemeinde zur Verfügung stellt.
Während das Caritas-Hospiz seit 22 Jahren von Hélène Vuille und ihrer Familie beliefert wird, verteilen freiwillige Fahrer(innen) diese Produkte an die anderen Institutionen.

Am 12. März 2020 einen Tag bevor die Session der Bundesversammlung wegen Corona abgebrochen wurde, kam eine Motion durch, für die Hélène Vuille seit mehr als 20 Jahren kämpfte:
Im Lebensmittelgesetz wird festgehalten, dass Lebensmittel, die bisher nach Ladenschluss im Abfallkübel landeten, an gemeinnützige Organisationen abgegeben werden dürfen, um sie an arme Menschen zu verteilen. Ihr Mann René Vuille, Jurist und Haftpflichtspezialist formulierte den Passus – Hélène Vuille schrieb mit der Nationalrätin Martina Munz zusammen die Begründung.

Im Jahr 2013 wurde Hélène Vuille für ihr Engagement zur Limmattalerin des Jahres gewählt, ein Jahr später zur Zürcherin des Quartals.

Am 4. September 2020 wird Hélène Vuille die „FLAMME DES FRIEDENS“ überreicht.